In Nordrhein-Westfalen hat sich die neue Regierung -
bestehend aus CDU unter Armin Laschet und FDP unter
Christian Lindner - inzwischen geeinigt und ihre Ziele und
Pläne im Koalitions-Vertrag "festgeklopft". Darin sind auch
ihre Absichten
bezüglich der Energieeinsparverordnung für Gebäude
(EnEV) festgehalten:
"... Mit einer
Bundesratsinitiative wollen wir erreichen, dass die
Energieeinsparverordnung 2016*) zunächst für drei Jahre
ausgesetzt wird und die Vorgaben der Verordnung
umfassend evaluiert werden...."
*) Anmerkung: Es gibt keine "EnEV 2016". Die
aktuell geltende EnEV 2014 hat ab dem 1. Januar 2016 die
energetischen Anforderungen an Neubauten erhöht. Siehe dazu
unsere Infos in EnEV-online zur
EnEV ab 2016. Wir haben dies in den Antworten
weiter unten berücksichtigt.
Wir haben bei der neuen NRW-Koalition nachgefragt und die
Antworten auf Fragen zu folgenden Themen erhalten:


CDU-Landesvorsitzender
Armin Laschet. Foto: www.cdu-nrw.de |

FDP-Vorsitzender
Christian Lindner. Foto: www.fdp.de |
.
EnEV ab 2016 als
mutmaßlicher Kostentreiber
Inwieweit sehen Sie
die Erhöhung der energetischen Anforderungen der
EnEV seit Anfang des Jahres 2016 als
ungerechtfertigte Kostentreiber im Wohnungs-Neubau?
Antwort
NRW-Regierung: Seit 1.
Januar 2016 verschärft die
Energieeinsparverordnung (EnEV ab 2016) die
energetischen Standards für Neubauten in
Deutschland. Laut Bauexperten führt die EnEV ab
2016 zu einer Baukostensteigerung von sieben bis
acht Prozent. Das hat zur Folge, dass das Bauen
in Nordrhein-Westfalen wesentlich verteuert und
die Investitionen in den Wohnungsbau gehemmt
werden. Seit dem Jahr 2000 sind die Baukosten um
45 Prozent gestiegen, die Lebenshaltungskosten
jedoch nur um 27 Prozent. Die Baukostenschraube
muss daher zurückgedreht werden.
.
EU-Niedrigstenergie-Neubaustandard einführen
Ab 2021 muss auch
Deutschland den von der EU-Gebäuderichtlinie
vorgeschriebenen Niedrigstenergie-Standard für neue
Wohngebäude einführen. Wie kann man diesen Schritt
erreichen, wenn der "Zwischenschritt" des
erhöhten EnEV-Standards ab
2016 ausgesetzt wird?
Antwort
NRW-Regierung: Die Bau-
und Energiestandards in Deutschland sind zurzeit
weltweit die höchsten. Vor diesem Hintergrund
ist es zu vertreten, dass ein dreijähriges
Moratorium der EnEV ab 2016 erlassen wird. Dies
ist umso mehr vertretbar, weil in der kommenden
Legislaturperiode des Deutschen Bundestags
generell vor dem Hintergrund der
europarechtlichen Vorgaben zur Einführung eines
Niedrigstenergiestandards über die
Zusammenführung von Energieeinsparungsgesetz
(EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) zu
beraten sein wird. Dies ist grundsätzlich
erforderlich, da an den Klimaschutzzielen
unbedingt festgehalten werden soll. Andererseits
muss aber angesichts der bestehenden und sich
weiter abzeichnenden Wohnungsengpässe eine
mittelfristige Planungssicherheit der relevanten
Akteure auf den Wohnungsmärkten sichergestellt
werden.
.
Initiative im Bundesrat
zur EnEV-Aussetzung
Sie beabsichtigen eine
Bundesratsinitiative zu starten um die
EnEV-Standard-Erhöhung drei Jahre lang auszusetzen. Im
Bundesrat haben die Länder im Jahr 2013 diesen
Gesteigerten Anforderungen ab 2016 zugestimmt. Inwieweit
glauben Sie, dass heute - vier Jahre danach - die
Länder Ihre Initiative unterstützen werden?
Antwort
NRW-Regierung:
Wohnungsnot verbunden mit viel zu hohen Mieten
in Ballungszentren trifft nicht nur
Nordrhein-Westfalen, sondern auch andere
Bundesländer. Auch in anderen Ländern müssen
neue Wohnungen bezahlbar bleiben und auch in
unseren Nachbarländern hat die EnEV ab 2016 die
Baukostenschraube nach oben gedreht. Bereits im
Rahmen seiner Beschlussfassung vom 11. Oktober
2013 hat der Bundesrat in einer Entschließung
deutlich gemacht, dass er die Einführung eines
Niedrigstenergiestandards im Gebäudebereich an
eine "grundlegende Vereinfachung und
Zusammenführung der Instrumente, die die
Energieeinsparung und die Nutzung erneuerbarer
Energien in Gebäuden regeln", gebunden sieht,
"um dadurch die energetische und ökonomische
Optimierung von Gebäuden zu erleichtern."
Bereits seinerzeit
erkannte der Bundesrat, dass die neuerliche
Verschärfung der EnEV ab 2016 aufgrund der hohen
Komplexität der parallel laufenden und sich
teilweise widersprechenden Regelwerke von EnEV,
EnEG und EEWärmeG absehbar dazu führen werde,
"dass dadurch die Bemühungen um eine Steigerung
der Energieeffizienz allein wegen
Akzeptanzproblemen teilweise ins Gegenteil
verkehrt werden."
Insbesondere die
im Bereich der Anlagentechnik bestehenden
parallelen Regelungsansätze erhöhten den
Planungsaufwand und erschwerten damit die
energetische und ökonomische Optimierung von
Gebäuden. Dadurch liefen die Regelungen
unmittelbar der EU-Gebäuderichtlinie zuwider,
die methodisch klare und einheitliche
Berechnungsvorgaben forderte. Auf die
Einwendungen des Bundesrats hat die
Bundesregierung schließlich ihre grundsätzlich
zunächst ablehnende Haltung gegenüber einer
vereinfachenden Zusammenlegung der einschlägigen
Regelwerke aufgegeben, konnte aber bis zum Ende
dieser Wahlperiode keinen beratungsfähigen
Entwurf für ein solches zusammenfassendes
Gebäudeenergiegesetz vorlegen. Vor diesem
Hintergrund stellt sich angesichts der
bestehenden Problemlagen im Wohnungsbau auch in
anderen Bundesländern die Zustimmung zu einem
EnEV-Moratorium aus unserer Sicht ganz aktuell.
.
EnEV-Vorgaben "unter die
Lupe nehmen" lassen
Welche Vorgaben der
EnEV müssten Ihrer Meinung nach insbesondere "unter
die Lupe genommen werden" im Rahmen einer
umfassenden Evaluierung?
Antwort
NRW-Regierung: Die sehr
eng gefasste EnEV-Systematik verbunden mit immer
weiteren Verschärfungen für Neu- und Umbauten
ist offensichtlich nicht zielführend. Aus der
Fachwelt wird zunehmend bezweifelt, dass die
derzeitigen Maßnahmen noch finanziell vertretbar
und bauphysikalisch sinnvoll in der Praxis
umgesetzt werden können. Der dringend notwendige
Neubau von Wohnungen wird erschwert, die
tatsächlichen Auswirkungen auf CO2-Einsparungen
durch den geringen Neubauanteil sind gering.
Angesichts des Nutzer-Verhaltens mit dem
natürlichen Bedarf an Lüftung und Lebensqualität
scheinen die in der EnEV-Betrachtung zugrunde
liegenden Einsparwerte fraglich. Deshalb ist es
dringend geboten, um Energieressourcen zu
schonen, CO2 zu vermeiden und die
Zukunft nicht mit dem ungelösten
Sondermüllproblem von zu entsorgenden
Wärmedämmfassaden zu belasten, hier einen neuen
Weg einzuschlagen.
.
Weitere wichtige Aspekte
Welche weiteren
Aspekte finden Sie in diesem Kontext besonders
wichtig
Eine
grundsätzliche Sanierungsempfehlung muss immer
auf den Einzelfall bezogen vorgenommen werden.
Vielen Dank für Ihre
Antworten!
Die Fragen stellte Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT,
Freie Architektin
in Stuttgart, Herausgeberin und Redakteurin
des Experten-Portals EnEV-online.de
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