Das Kabinett der Bundesregierung hat heute den vom
Bundesminister des Innern vorgelegten Entwurf eines
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes verabschiedet. Dieser
umfasst auch die Änderung des
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG 2011). Sie finden
hier auszugsweise Texte und Erläuterungen, die den
Baubereich betreffen.
Der Gesetzentwurf
zielt darauf ab, die Asylverfahren zu beschleunigen,
die Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern
und Flüchtlingen zu erleichtern sowie die
Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern mit
guter Bleibeperspektive in die Gesellschaft und den
Arbeitsmarkt zu verbessern.
Die Leistungen des Bundes für den sozialen Wohnungsbau
werden im Rahmen der Entflechtungsmittel aufgestockt.
Angesichts der hohen Anzahl der derzeit in Deutschland Asyl-
und Schutzsuchenden unterstützt der Bund Länder und Kommunen
zudem beim Neubau von Wohnungen und bei der
Ausweitung des Bestands an Sozialwohnungen. Hierzu werden
die den Ländern für den Bereich „Wohnraumförderung“
zuzuweisenden Kompensationsmittel für die Jahre 2016 bis
2019 jeweils um 500 Millionen Euro erhöht. Die Länder haben
zugestimmt, diese Mittel zweckgebunden für den sozialen
Wohnungsbau zu verwenden.
Um die Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen zu
erleichtern, werden Abweichungen von bauplanungsrechtlichen
Standards ermöglicht, ebenso gibt es Erleichterungen bei den
Vorschriften zum Einsatz erneuerbarer Energien und den
energetischen Anforderungen an Wärmeschutz bzw.
Anlagentechnik in Gebäuden für Asylbewerber und Flüchtlinge.
In den Fällen, in denen die Kommunen Kostenträger sind,
geben die Länder die vom Bund erhaltenen Mittel weiter. Der
Bund unterstützt Länder und Kommunen zudem beim Neubau von
Wohnungen und bei der Ausweitung des Bestands an
Sozialwohnungen.
Deutschland ist seit Monaten Ziel einer
präzedenzlosen Zahl von Asylbewerbern, die
Sicherheit vor Krieg, Verfolgung und Not suchen. Im
Vergleich mit den meisten anderen Mitgliedstaaten
der Europäischen Union wird Deutschland hierbei weit
überproportional belastet. Allein für das laufende
Jahr 2015 wird mit ca. 800 000 Asylsuchenden
gerechnet. Zur Bewältigung der damit verbundenen
Herausforderungen ist es notwendig, das
Asylverfahren zu beschleunigen.
Die Rückführungen vollziehbar Ausreisepflichtiger
sollen vereinfacht und Fehlanreize, die zu einem weiteren
Anstieg ungerechtfertigter Asylanträge führen können,
beseitigt werden. Um die Unterbringung der großen Zahl von
Asylbewerbern und Flüchtlingen in Deutschland gewährleisten
zu können, soll zudem für einen befristeten Zeitraum von
geltenden Regelungen und Standards abgewichen werden können.
Gleichzeitig ist es erforderlich, die Integration
derjenigen, die über eine gute Bleibeperspektive verfügen,
zu verbessern.
Während der Dauer des Asylverfahrens und danach bedarf es
einer Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen und
Flüchtlingsunterkünften. Hierfür werden zeitlich befristete
Erleichterungen im Bauplanungsrecht geschaffen. Zudem werden
in eng begrenztem und klar umrissenem Umfang weitere
punktuelle Erleichterungen hinsichtlich des Einsatzes
erneuerbarer Energien im Gebäude vorgesehen. Diese dienen
der Erleichterung des Vollzuges durch die zuständigen
Landesbehörden.
Das
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz vom 7.
August 2008 (BGBl. I S. 1658), das zuletzt durch
Artikel 333 der Verordnung vom 31. August 2015
(BGBl. I S. 1474) geändert worden ist, wird wie
folgt geändert:
1. In der
Inhaltsübersicht wird nach der Angabe zu § 9 folgende
Angabe eingefügt:
„§ 9a Gebäude für die
Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen“.
2. Nach § 9 wird folgender § 9a eingefügt:
„§ 9a Gebäude für die
Unterbringung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen
(1) Für bereits errichtete
öffentliche Gebäude nach
§ 4 [Geltungsbereich der Nutzungspflicht], die sich im Eigentum der öffentlichen Hand
befinden, und die bis zum 31. Dezember 2018 grundlegend
renoviert werden, um sie als Aufnahmeeinrichtungen nach
§ 44 des Asylgesetzes oder als Gemeinschaftsunterkünfte
nach § 53 des Asylgesetzes zu nutzen, entfällt die
Pflicht nach
§ 3 Absatz 2 [Nutzungspflicht].
(2) Im Übrigen kann die
zuständige Landesbehörde bei Anträgen auf Befreiung nach
§ 9 Absatz 1 [Ausnahmen], die bis zum 31. Dezember 2018 gestellt
werden, von einer unbilligen Härte ausgehen, wenn die
Pflicht nach
§ 3 Absatz 1 [Nutzungspflicht] die Schaffung von Aufnahmeeinrichtungen
nach § 44 des Asylgesetzes oder von
Gemeinschaftsunterkünften nach § 53 des Asylgesetzes
erheblich verzögern würde.
(3) Die Ausnahme von der
Nutzungspflicht nach
§ 4 [Geltungsbereich der Nutzungspflicht] ist bis zum 31. Dezember 2018 auch für die in
§ 4 Nummer 6 [ Geltungsbereich der Nutzungspflicht] genannten Gebäude mit einer geplanten
Nutzungsdauer von bis zu fünf Jahren anzuwenden, wenn
die Gebäude dazu bestimmt sind, als
Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes oder
als Gemeinschaftsunterkünfte nach § 53 des
Asylgesetzes zu dienen.“
Angesichts des massenhaften Andrangs von Asyl- und
Schutzsuchenden bedarf es zudem einer deutlich
größeren Anzahl und Kapazität von
Erstaufnahmeeinrichtungen sowie Wohnraum für
Menschen, die als Asylberechtigte oder aus
humanitären Gründen mittel- bis längerfristig in
Deutschland bleiben werden. Nach den bisherigen
Erfahrungen gibt es bei der
erforderlichen Umrüstung von Gebäuden und
Einrichtungen zu Erstaufnahmeeinrichtungen und
Wohnraum zur (vorübergehenden) gemeinschaftlichen
Unterbringung von Flüchtlingen insbesondere
zahlreiche bauliche Anforderungen, die einer
schnellen und auch finanziell vertretbaren Umsetzung
entgegenstehen und die in einem vertretbaren Maß
modifiziert werden sollen.
Zu diesem Zweck werden zeitlich befristete
Abweichungen von bauplanungsrechtlichen Vorgaben und
Standards des Baugesetzbuchs ermöglicht. Mit den
vorgeschlagenen
Regelungen soll befristet durch gezielte Erleichterungen dem
akuten Bedarf an Flüchtlingsunterkünften Rechnung getragen
werden. Die städtebaulichen Ziele und Grundsätze des
Baugesetzbuchs bleiben davon unberührt. Die zukünftig
erforderliche Schaffung dauerhaften Wohnraums auch für
Flüchtlinge muss der Planung durch die Kommunen vorbehalten
bleiben.
In eng begrenztem und klar umrissenem Umfang werden
darüber hinaus punktuelle Erleichterungen hinsichtlich der
Anforderungen an den Einsatz Erneuerbarer Energien in
Gebäuden vorgenommen (Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz).
Diese dienen der Erleichterung des Vollzugs durch die
zuständigen Landesbehörden.
Die Sonderregelungen zum
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz werden auf
Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte im
Sinne des Asylgesetzes beschränkt.
Hierfür wird eine auf
drei Jahre befristete generelle Befreiung von der
Pflicht des § 3 Absatz 2 Erneuerbare-
Energien-Wärmegesetz vorgenommen. Dies adressiert den
wichtigen Praxisfall der Nutzungsänderung bereits
errichteter öffentlicher Gebäude im Eigentum der
öffentlichen Hand, die wegen einer grundlegenden
Renovierung die Pflicht nach § 3 Absatz 2
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz auslöst.
Für Einzelfälle, in denen auf Grund besonderer
Gegebenheiten die Einhaltung der Pflicht des § 3 Absatz
1 Erneuerbare-Energien-Wärmegesetzes ein Hemmnis
darstellt, wird eine gesetzliche
Klarstellung dahin gehend vorgenommen, dass die
zuständige Landesbehörde von einer unbilligen Härte (und
damit vom Vorliegen der Voraussetzungen für eine
Befreiung) ausgehen kann, wenn ein Bauvorhaben dazu
dient, Asylsuchende oder Flüchtlinge zügig in einer
Aufnahmeeinrichtung oder in einer
Gemeinschaftsunterkunft unterzubringen.
Auch die Schaffung von Aufnahmeeinrichtungen oder
von Gemeinschaftsunterkünften mit Containern soll
erleichtert werden: Die bestehende Ausnahmeregelung von
derzeit zwei Jahren wird auf Container mit einer
geplanten Nutzungsdauer von bis zu 5 Jahren ausgedehnt.
Wie wir vom Pressesprecher
des Bundesinnenministerium erfahren haben, werden die
beiden neuen Regelungen nun in Bundestag und Bundesrat beraten.
Inzwischen ist auch bekannt, dass sich der Bundesrat in
seiner Plenarsitzung vom 16. Oktober 2015 damit befassen
wird. Diese Beratungen soll im Mitte Oktober beendet sein.
Danach fertigt der Bundespräsident das Gesetz aus - ein
Datum dazu gibt es noch nicht. Die Änderungen zum
EEWärmeG werden voraussichtlich am Tag nach der
Verkündung des Gesetzes in Kraft treten.
Quelle:
Entwurf der Bundesregierung für ein
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 29.09.2015
(pdf)
Redaktion: Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT,
Freie Architektin
in Stuttgart, Herausgeberin und Redakteurin
EnEV-online.de
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