Das Kabinett der Bundesregierung hat am 29. September 2015
den Entwurf des Bundesinnenministers für eine
Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz verabschiedet. Dieser
Entwurf sieht auch vor, dass sich die energetischen
Anforderungen für bestimmte Gebäude zeitweilig ändern.
Sie erfahren hier kurz und bündig was sich ändern wird:

Problem und Ziele: Eine wichtige Aufgabe der
Bundesregierung ist es auch für die Flüchtlinge
angemessene Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünfte zu schaffen.
Lösung für den Baubereich: Damit die
Landesbehörden die benötigten Unterkünfte für die
Flüchtlinge leichter genehmigen können, ändert die
Verordnung zum Asylverfahrens-Beschleunigungsgesetz
die geltende EnEV 2014 für bestimmte Gebäude und
Baumaßnahmen und war zeitlich befristet.
Begründung: Die dringend gebotene Schaffung von
Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften
für Asylsuchende und Flüchtlinge rechtfertigt es, in
eng begrenztem Umfang punktuelle Erleichterungen in
den Regelungen vorzunehmen, die energetische
Anforderungen an Wärmeschutz bzw. Anlagentechnik in
Gebäuden vorsehen (Energieeinsparverordnung
(EnEV)).
Die Regelungen sehen bereits Ausnahme- bzw.
Befreiungstatbestände für Fälle „unbilliger Härte in
sonstiger Weise“ vor (§ 25 EnEV
- Befreiungen). Eine nicht
unerhebliche Verzögerung bei der Bereitstellung von
dringend benötigten Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünften für Asylsuchende und
Flüchtlinge kann regelmäßig geeignet sein, diese
Voraussetzungen zu erfüllen. Die mit der - zeitlich
befristeten - Verordnungsänderung beabsichtigte
Vereinfachung besteht daher maßgeblich in einer
Verfahrenserleichterung.

Die Sonderregelungen zur Energieeinsparverordnung
werden auf Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünfte im Sinne des Asylgesetzes
beschränkt. Diese sind drei Jahre
lang von den Anforderungen
des
§ 9 (Änderung der Gebäude, Anbauten und Ausbauten)
befreit.
Dies adressiert den wichtigen Praxisfall der
Nutzungsänderung, die wegen baulicher Maßnahmen (Änderung,
Erweiterung und Ausbau im Sinne des § 9 der EnEV 2014) Pflichten nach der
Energieeinsparverordnung auslöst. Der Mindestwärmeschutz
nach den anerkannten Regeln der Technik bleibt einzuhalten.
Außerdem wird die Dämmpflicht für oberste
Geschossdecken
(Nachrüstpflicht) des § 10 Absatz 3 der EnEV 2014 bis zum 31. Dezember
2018 ausgesetzt, wenn das Gebäude als Aufnahmeeinrichtung
oder als Gemeinschaftsunterkunft im Sinne des Asylgesetzes
dienen soll.
Für sonstige Einzelfälle, in denen auf Grund
besonderer Gegebenheiten die Einhaltung der Anforderungen
der Energieeinsparverordnung ein Hemmnis darstellen, wird
klargestellt, dass die zuständige Landesbehörde von einer
unbilligen Härte (und damit vom Vorliegen der
Voraussetzungen für eine Befreiung) ausgehen kann, wenn
gebäudebezogene
Maßnahmen dazu dienen, Asylsuchende oder Flüchtlinge zügig
in einer Aufnahmeeinrichtung oder in einer
Gemeinschaftsunterkunft unterzubringen.
Auch die Schaffung von Aufnahmeeinrichtungen und
Gemeinschaftsunterkünften mit Containern soll erleichtert
werden. Die bestehende Ausnahmeregelung von derzeit zwei
Jahren wird auf Container mit einer geplanten Nutzungsdauer
von bis zu 5 Jahren ausgedehnt.

Im Artikel 5 regelt die neue Verordnung, dass sie am Tag nach der Verkündung
im Bundesgesetzblatt in Kraft tritt.
Inzwischen wurde die
Verordnung zum Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz
verkündet - im
Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 41 vom 27.10.2015, ab
Seite 1789.
Die gesamte Verordnung - d.h. auch die Änderungen
zur Energieeinsparverordnung (EnEV) - ist seit dem
28. Oktober 2015 in Kraft.

Die
Energieeinsparverordnung vom
24. Juli 2007 (verkündet
im Bundesgesetzblatt BGBl. I
ab Seite 1519), die zuletzt durch Artikel 326 der
Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I
ab Seite 1474)
geändert wurde, wird folgendermaßen geändert.
Bitte beachten Sie: Die Ergänzungen in eckigen
Klammern stammen von der EnEV-online Redaktion:
1. In der Inhaltsübersicht
der EnEV wird nach dem
§ 25
[Befreiungen] folgende Angabe eingefügt:
"§ 25a Gebäude für die
Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen"
2. Nach § 25
(Befreiungen) wird folgender § 25a eingefügt:
§ 25a Gebäude für die
Unterbringung von Asylsuchenden und Flüchtlingen
(1) Gebäude, die bis zum
31. Dezember 2018 geändert, erweitert oder ausgebaut
werden, um sie als Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des
Asylgesetzes [Schaffung und Unterhaltung von
Aufnahmeeinrichtungen] oder als Gemeinschaftsunterkünfte nach § 53
des Asylgesetzes [Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften] zu nutzen, sind von den Anforderungen
des
§ 9 [Änderung, Erweiterung und Ausbau von Gebäuden] befreit. Die Anforderungen an den
Mindestwärmeschutz nach den anerkannten Regeln der
Technik sind einzuhalten.
(2) Im Übrigen kann die
zuständige Landesbehörde bei Anträgen auf Befreiung nach
§ 25
Absatz 1 Satz 1 [Befreiungen] , die bis zum 31. Dezember 2018
gestellt werden, von einer unbilligen Härte ausgehen,
wenn die Anforderungen dieser Verordnung im Einzelfall
die Schaffung von Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des
Asylgesetzes [Schaffung und Unterhaltung von
Aufnahmeeinrichtungen] oder von Gemeinschaftsunterkünften nach §
53 des Asylgesetzes [Unterbringung in
Gemeinschaftsunterkünften] erheblich verzögern würden.
(3) Gebäude, die als
Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes
[Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen] oder
als Gemeinschaftsunterkünfte nach § 53 des Asylgesetzes
[Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften] genutzt werden, sind bis zum 31. Dezember 2018 von der
Verpflichtung nach
§ 10 Absatz 3 [Nachrüstung bei Anlagen und Gebäuden -
Dämmung oberster Geschossdecken oder Dach] befreit.
(4) Die Ausnahme von den
Anforderungen dieser Verordnung nach
§ 1 Absatz 3 Satz 1 [Zweck und Anwendungsbereich -
Ausnahmen] ist bis zum 31. Dezember 2018
auch für die in
§ 1 Absatz 3 Satz 1 Nummer 6 [Gelegenheitsbauten und
provisorische Gebäude mit einer Nutzungsdauer bis zu
zwei Jahren] genannten Gebäude mit
einer geplanten Nutzungsdauer von bis zu fünf Jahren
anzuwenden,
wenn die Gebäude dazu bestimmt sind, als
Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes
[Schaffung und Unterhaltung von Aufnahmeeinrichtungen] oder
als Gemeinschaftsunterkünfte nach § 53 des Asylgesetzes
[Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften] zu dienen."

Rechts- und Verwaltungsvereinfachung: Die Änderung
der Energieeinsparverordnung (EnEV) dient der Erleichterung
des Verfahrens bei den zuständigen Landesbehörden.
Befreiungen und Ausnahmen von der
Energieeinsparverordnung sind im
Verwaltungsverfahren bei der zuständigen
Landesbehörde geltend zu machen (§ 25 EnEV
Befreiungen). Der
neue § 25a (Gebäude für die Unterbringung von
Asylsuchenden und Flüchtlingen) EnEV macht teilweise ein entsprechendes
Verfahren entbehrlich (so § 25a Absätze 1, 3 und 4
EnEV), teilweise werden die Verfahren durch
Typisierung einer Befreiung deutlich vereinfacht (§
25a Absatz 2 EnEV).
Nachhaltigkeitsaspekte: Die zu ändernde
Energieeinsparverordnung ist ein wichtiger Baustein
der nationalen und europäischen Strategien zu
Energiewende, Energieeffizienz und CO2-Reduktion.
Die Änderungen
sind punktuell auf akute Handlungserfordernisse und
Fälle begrenzt. Auswirkungen auf die nachhaltige
Verfolgung dieser Ziele sind daher nicht zu
befürchten.
Befristung: Die Vorschriften zur
Änderung der Energieeinsparverordnung dienen der
Unterstützung akut erforderlicher Maßnahmen. Die
Vorschriften sind daher ausdrücklich auf die
konkreten Handlungserfordernisse bei der
Unterbringung der Asylsuchenden und Flüchtlinge
begrenzt und zudem zeitlich befristet

Quellen:
Entwurf der Bundesregierung für eine Verordnung zum
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 29.09.2015 (pdf)
sowie
Bundesrat Drucksache 447/15 vom 29.09.15: Verordnung der
Bundesregierung - Verordnung zum
Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz (pdf)
Redaktion: Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT,
Freie Architektin
in Stuttgart, Herausgeberin und Redakteurin
EnEV-online.de

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