Erinnern wir uns: Im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz
(NAPE) kündigte die Bundesregierung auch eine
Energieeffizienzstrategie für Gebäude (ESG) an. Diese hat
das Bundeskabinett inzwischen am 18. November 2015 verabschiedet. Wie wird das Energieeinsparrecht für Gebäude
- Energieeinsparungsgesetz (EnEG), Energieeinsparverordnung (EnEV) und
Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) - weiterentwickelt?
Sie finden hier einen Überblick.

Die energetischen
Anforderungen an Gebäude und Anlagentechnik sowie
die Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien
werden kontinuierlich überprüft und, soweit
wirtschaftlich, ggf. angepasst. Insbesondere
folgende Anforderungen werden überprüft:
-
die
Bereichsausnahmen bei bestehenden Austauschpflichten
für veraltete, ineffiziente Heizkessel,
-
die Ausdehnung der Austauschpflichten
auch auf weitere
wesentliche Anlagen und Bauteile unter
Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots,
-
spezifische Anforderungen
an einzelne Anwendungssysteme von Nichtwohngebäuden, wie Beleuchtung, Klimatisierung oder Steuerung /
Regelung,
-
die Inspektionspflichten für
wird Anlagentechnik.

Ziel der Weiterentwicklung des Energieeinsparrechts
ist ein aufeinander abgestimmtes Regelungssystem für
die energetischen Anforderungen an Neubauten und
Bestandsgebäude und den Einsatz erneuerbarer
Energien zur Wärmeversorgung.
Die abgeschlossene
gutachterliche Untersuchung zum Abgleich von
EEWärmeG und EnEG/EnEV zeigt die Optionen für eine
strukturelle Neukonzeption von EnEV und EEWärmeG
auf. Dies wird jedoch vorerst mit den Bundesländern
weiter erörtert.
Dabei ist es unabdingbar, dass weiterhin Raum bleibt
für die Investitionsförderung zugunsten
ambitionierter Gebäudesanierungen und Neubauten.
Das
Gutachten beleuchtet Überschneidungen an
Schnittstellen und Vereinfachungsmöglichkeiten,
insbesondere mit dem Ziel einer verbesserten
Integration erneuerbarer Energien in die
Wärmeversorgung von Gebäuden sowie einer Effektivierung des Vollzugs. Und es stellt mögliche
Wege für eine Zusammenlegung von EEWärmeG und
EnEG/EnEV dar.
Das Energieeinsparrecht wird seine wichtige
Lenkungswirkung behalten. Dabei ist auch künftig
eine kontinuierliche Fortentwicklung – orientiert am
Stand der Technik und der Wirtschaftlichkeit –
notwendig.

Die im Rahmen der Begleitforschung zur
Energieeffizienz-Strategie Gebäude berechneten
Zielszenarien zeigen, dass bis 2030 eine Steigerung
des erreichten Energieeffizienzniveaus der
Gebäudehülle sanierter Bestandsgebäude um 20 Prozent
bis 40 Prozent gegenüber dem aktuellen Stand der
Technik erforderlich ist.
Im gleichen Zeitraum ist
je nach Szenario ein Anteil jährlich neu
installierter erneuerbarer Wärmeerzeuger von 50 bis
70 Prozent notwendig. Ihr Anteil liegt heute jedoch
nur bei etwa 15 Prozent am gesamten Kesselmarkt in
Deutschland.
Gemäß den Vorgaben der
EU-Gebäuderichtlinie und des EnEG werden ab dem Jahr
2019 Neubauten der öffentlichen Hand und ab dem Jahr
2021 alle Neubauten als Niedrigstenergiegebäude
errichtet. Insgesamt ergibt sich daraus der Rahmen
für die Weiterentwicklung des Energieeinsparrechts
bis 2030.

Welche Aspekte der energiesparrechtlichen Regelungen werden
weiterentwickelt?
Bis 2030 wird das
Energieeinsparrecht folgendermaßen weiterentwickelt:
-
Niedrigstenergiegebäudestandard bis Ende 2016
Entsprechend den Vorgaben
des Energieeinsparungsgesetzes (EnEG) wird bis Ende 2016
der Niedrigstenergiegebäudestandard – also die technisch
und wirtschaftlich machbaren Mindestanforderungen an
Neubauten – zur Umsetzung der Bestimmungen der
EU-Gebäuderichtlinie eingeführt.
-
Anlagentechnik und
erneuerbare Energie
Die energetischen
Anforderungen an Gebäude und Anlagentechnik sowie die
Vorgaben zum Einsatz erneuerbarer Energien werden
weiterhin kontinuierlich überprüft und, soweit
wirtschaftlich, ggf. angepasst.
-
Anforderungen bei
Sanierung im Bestand
Die anlassbezogenen
Auslösetatbestände für Pflichten zur Einhaltung
energetischer Qualitätsstandards bei Sanierungen im
Gebäudebestand, die ein Gebäudeeigentümer von sich aus
vornimmt, wie etwa der Austausch oder eine Veränderung
einzelner oder aller Bauteile eines Gebäudes, werden
beibehalten.
-
Förderung durch das
MAP-Programm
Der Einsatz erneuerbarer Energien zur
Wärmeversorgung im Gebäudebestand wird weiterhin durch
das MAP gefördert.
-
Anforderungsgrößer für
die Energieeffizienz
Das aktuelle
Energieeinsparrecht macht Vorgaben für den
Primärenergiebedarf des Gesamtgebäudes sowie für die
Energieeffizienz der Gebäudehülle und für den Einsatz
erneuerbarer Energien. Die Anforderungsgrößen werden
unter Berücksichtigung der europäischen Vorgaben
überprüft.
-
Ausnahmen zur
Austauschpflicht von Heizkesseln
Die Bereichsausnahmen bei
bestehenden Austauschpflichten für Heizkessel werden
überprüft, um die Wirksamkeit der Regelungen und die
geringe Austauschrate veralteter und ineffizienter
Heizungen zu erhöhen.
-
Austauschpflicht für
Fenster, Umwälzpumpen, usw.
Zusätzlich wird eine Ausdehnung
der Austauschpflichten auf weitere für die
Energieeffizienz wesentliche Anlagen und Bauteile (z. B.
Fenster, Umwälzpumpen) unter Berücksichtigung des
Wirtschaftlichkeitsgebots geprüft.
-
Anforderungen an
Anlagentechnik im Nichtwohnbau
Für Nichtwohngebäude
werden spezifische Anforderungen an einzelne
Anwendungssysteme, wie beispielsweise Beleuchtung,
Klimatisierung oder Steuerung / Regelung geprüft.
-
Inspektion von
Klimaanlagen
Eine Ausweitung des
Gegenstandsbereichs und eine Verbesserung des
Umsetzungsgrades der Inspektionspflichten für
Anlagentechnik (Klimaanlagen, Erweiterung auf
RLT-Technik) in Nichtwohngebäuden werden angestrebt.
-
Vollzug in der Praxis
Bei der Weiterentwicklung
des Energieeinsparrechts ist auf Vereinfachungen und
eine Verbesserung des Vollzugs zu achten.

Die
Deutsche
Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V.
(DENEFF) zeigte sich enttäuscht von den
enthaltenen Vorhaben. Der stellvertretende
Vorstandsvorsitzende der Deutschen
Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V.
(DENEFF) Christoph von Speßhardt: „Die vorgelegte
Energieeffizienzstrategie Gebäude bedeutet leider
weiter Leerlauf für den Klimaschutz. Obwohl der
Klimaschutzbeitrag des Gebäudesektors für das
2-Grad-Ziel als unverzichtbar anerkannt ist, gibt
Deutschland kurz vor dem Klimagipfel seine
Vorreiterrolle auf, während Länder wie Frankreich
längst ernst machen mit ambitionierten Zielen und
Instrumenten. In Deutschland wurde bereits 2010 ein
nationaler Sanierungsfahrplan angekündigt, der
jedoch bis heute keine konkrete Gestalt angenommen
hat. Die immer wieder beteuerte Vorbildrolle bei der
Modernisierung öffentlicher oder sogar nur
bundeseigener Immobilien ist bisher nicht sichtbar.
Auch die im NAPE beschlossenen Steueranreize harren
weiter ihrer Einführung. Die Zeche für diese
Versäumnisse zahlen Energieverbraucher,
Steuerzahler, Wirtschaft und Klima.“
Der
Bundesindustrieverband
Technische Gebäudeausrüstung e.V. (BTGA), der
Fachverband
Gebäude-Klima e.V. (FGK) und der
Herstellerverband
Raumlufttechnische Geräte e.V. (RLT-Herstellerverband)
begrüßen das klare Bekenntnis zur Wärmewende. Allerdings
finden sich in der Effizienzstrategie nur wenige konkrete
Vorschläge und klare Regelungen. Viele der Maßnahmen wurden
bereits im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE)
und im Koalitionsvertrag angekündigt. Die Bundesregierung
plant zudem teilweise mehrere Jahre ein, um die Vorschläge
und Maßnahmen weiterzuentwickeln und zu konkretisieren.
Diese Zeitpläne sind insbesondere mit Blick auf die
Bundestagswahl 2017 kritisch zu sehen. Die Bundesregierung
sollte die wichtigen und sinnvollen
Energieeffizienzmaßnahmen mutiger und energischer
voranbringen.
Die Ankündigung der Bundesregierung, die Pflicht zur
energetischen Inspektion konsequenter durchzusetzen und auch
auf Lüftungsanlagen auszuweiten, greift eine Kernforderung
der Klima- und Lüftungsbranche auf. Im Nichtwohnbereich
ließen sich dadurch erhebliche Mengen an Energie und CO2-Emissionen
einsparen. Die Verbände appellieren an die Bundesregierung,
dies jetzt zügig umzusetzen: Ohne klare Vorgaben lässt sich
die Energieeinsparverordnung (EnEV) nicht zielgerichtet
umsetzen und die Energiewende wird nicht gelingen.

Dass unser
Energieeinsparrecht für Gebäude mit den parallelen
Anforderungen von EnEV, EEWärmeG und EnEG auf Dauer
keine Lösung ist, ist nun wirklich nicht neu!
Architekten, Planer und Energieberater müssen nicht
nur alle Regelungen gründlich kennen und anwenden,
sie müssen ihren Kunden auch erklären, welche
Nachweise diese wie, wann, warum, wo und wem
vorlegen müssen. Und wehe, sie versäumen eine
Pflicht oder Frist - schon droht das EnEG mit
stattlichen Geldbußen, die bis zu 50.000 Euro
betragen können. Also müssen sie auch das EnEG im
Auge behalten!
So geht es nicht
weiter! In dieser Hinsicht waren sich auch die
Vertreter der Bundesländer auf der
Bauminister-Konferenz vor einigen Wochen im November
einig. Der Ausblick auf eine Neu-Konzeption schaffte
den Konsens und lässt neue Hoffnungen aufkommen. Wie
das allerdings konkret aussehen wird, werden wir
wohl nicht so bald erfahren, denn zunächst wird
alles nur mit den Bundesländern besprochen. Das ist
auch in Ordnung so, denn sie sind es, die die
Umsetzung in der Praxis schließlich "ausbaden"
müssen. Doch wir werden hoffentlich nicht zu lange
warten bevor wir erfahren, wie die Neu-Konzeption
aussieht.
Leider hat es noch keiner
gewagt den "Stier an den Hörnern zu packen!" Unsere
aktuellen Vorgaben für das Energiesparrecht von
Gebäuden setzen nämlich Europäische Richtlinien um. Von der
EU-Kommission kommen parallele Vorgaben, die von
unterschiedlichen Bereichen in Brüssel ausgearbeitet
werden. Und weiter geht`s in Deutschland mit den
unterschiedlichen Bundesministerien. Auch in der
neusten Struktur - das Bundesumweltministerium ist
nun auch primär für die EnEV zuständig - sind diese
Regelungen leider nicht alle in einem Haus
angesiedelt. Das EEWärmeG gehört heute in den
Wirkungskreis des Bundesministeriums für Wirtschaft
und Energie.
Dass auch weiterhin die Investitionen
in Neubauten und Gebäudesanierungen staatlich
gefördert werden ist zwar erfreulich, bringt aber
wieder eine ganze Reihe von zusätzlichen Regeln und
Nachweisen. Hoffen wir trotzdem das Beste!
Autorin: Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT,
Freie Architektin
in Stuttgart, Herausgeberin und Redakteurin
EnEV-online.de
Quelle:
Energieeffizienzstrategie für Gebäude (ESG) der Bundesregierung vom 18.
November 2015

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