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Praxisbeispiel:
Diese Situation kommt leider häufig vor: Ein Haus wird zum Kauf angeboten.
Bei dem Besichtigungstermin wird den potenziellen Käufern kein Energieausweis
vorgelegt, obwohl die Energieeinsparverordnung (EnEV 2014) dieses ausdrücklich
fordert im
§
16 (Ausstellung und Verwendung von Energieausweisen), Absatz 2. Auch muss
der Verkäufer nach EnEV 2014 unverzüglich nach Abschluss des Kaufvertrages dem
Käufer den Energieausweis oder eine Kopie hiervon übergeben.
Fragen:
-
Muss der Käufer
das nicht Vorhandensein des Energieausweises beim Kauf selbst
anzeigen muss oder wird der Verkäufer durch die Behörden
angezeigt?
-
Welche Behörden sind in diesem Fall zuständig?
Mittlerweile wurde die Immobilie im Praxisbeispiel gekauft und ist
dem neuen Eigentümer übertragen worden. Beim notariellen Kaufvertrag wurde kein
Energieausweis vom Makler vorgelegt, da kein Energieausweis
vorhanden sei. Dieser Tatbestand wurde im Kaufvertrag festgehalten.
Im Vorfeld hatten die Käufer mehrmals vergeblich nach dem Energieausweis
gefragt und um Vorlage gebeten.
Fragen:
-
Welche
rechtliche Konsequenzen hat dieses Vorgehen?
-
Kann der Käufer
rechtlich gegen diese Ordnungswidrigkeit vorgehen?
-
Kann der Käufer die
geforderte Maklercourtage minimieren oder sogar aussetzen?

Antworten
vom 08.02.2016 von Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT Freie
Architektin in Stuttgart, Herausgeberin EnEV-online.de
1. Fehlenden
Energieausweis anzeigen
Zunächst
einige Worte zur Kontrolle von Energieausweisen: Seit der EnEV 2014
werden Energieausweise und Inspektionsberichte für Klimaanlagen
behördlich registriert und kontrolliert. Dieses regelt die
Verordnung in
EnEV 2014, § 26d Stichprobenkontrollen von Energieausweisen und
Inspektionsberichten über Klimaanlagen. Allerdings bezieht sich
diese Kontrolle nur auf bereits ausgestellte und registrierte
Energieausweise. Die EnEV 2014 sieht keine Kontrollen vor in Bezug
auf die Pflicht einen Energieausweis bei der Besichtigung durch
potenzielle Käufer oder Neumieter vorzulegen.
Allerdings sieht es die Verordnung als Ordnungswidrigkeit an, wenn
Verpflichtete den Energieausweis ggf. nicht vorlegen oder nach
Vertrags-Abschluss nicht übergeben - siehe dazu
EnEV
2014, § 27 (Ordnungswidrigkeiten), Absatz 2 Nummer 4 und 5. Die
Verordnung verweist auf das Energieeinsparungsgesetz
(EnEG 2013) § 8 (Bußgeldvorschriften) Absatz 1 Nummer 2.
Letzteres sieht für diese beiden Tatbestände jeweils bis zu 15.000
Euro Bußgelder vor. In ihren Durchführungsverordnungen zur EnEV (DVO-EnEV)
regeln manche Bundesländer auch welche Behörden in Sachen
Ordnungswidrigkeiten zuständig sind. An diese oder an die oberste,
zuständige EnEV-Behörde müssten sich Betroffene mit einer Anzeige
des Tatbestandes wenden.
In
EnEV-online finden Sie eine Übersicht nach Ländern geordnet: |
Wer beantwortet die Fragen zur EnEV in den Ländern? Übersicht der zuständigen Behörden

2.
Zuständige Behörden bei Ordnungswidrigkeiten
Für die
Umsetzung der EnEV in der Praxis waren seit der ersten Fassung der
Verordnung (EnEV 2002) stets die Bundesländer zuständig. Die Oberste
Baubehörde eines Landes ist üblicherweise die für die
EnEV-Anwendung zuständig. Manche Bundesländer haben
Durchführungsverordnungen zur EnEV (DVO-EnEV) erlassen. In diesen
ist unter anderem auch geregelt, welche Behörde für die
verschiedenen EnEV-Aufgaben in dem Land zuständig ist. An diese oder
an die oberste, zuständige EnEV-Behörde des Landes müssten sich
Betroffene mit einer Anzeige des Tatbestandes wenden in der
Hoffnung, dass sie diesen nachgehen. Diese letzte Bemerkung gründet
auf die Erfahrung der EnEV-online Redaktion, dass manche Behörden
früher in ähnlichen Praxisbeispielen schriftlich antworteten, dass
sie keine Kapazitäten hätten um solche Tatbestände zu ahnden.
In
EnEV-online finden Sie eine Übersicht nach Ländern geordnet: |
Wer beantwortet die Fragen zur EnEV in den Ländern? Übersicht der zuständigen Behörden

Antworten
vom 12. Februar 2016 von Rechtsanwalt Dominik Krause, Krause & Vogt -
Rechtsanwälte, Bremen, www.kravo.de
3.
Rechtliche Konsequenzen der Vertragsklausel
Zunächst einmal dokumentiert die Aufnahme dieses Umstandes in
der Kaufvertragsurkunde, dass ein Energieausweis zumindest bei
Kaufvertragsschluss nicht vorgelegen hat. Damit ist zunächst
einmal objektiv eine Ordnungswidrigkeit bestätigt, vergleiche
EnEV
2014 § 27 (Ordnungswidrigkeiten) Absatz 2 Nummer 4. Soweit
die jeweils zuständige Behörde hiervon Kenntnis erhält, droht
ein Bußgeld von bis zu 15.000 Euro, vergleiche
EnEG 2013 § 8 (Bußgeldvorschriften) Absatz 3 in Verbindung mit
Absatz 1 Nummer 2. Wenn kein Energieausweis vorlag, kann auch die
Verpflichtung zur Übergabe nach dem Verkauf nicht erfüllt werden.
Auch diese Verpflichtung ist mit einem Bußgeld bewährt, vergleiche
EnEV
2014 §
27 (Ordnungswidrigkeiten) Absatz 2 Nummer 5.

4. Gegen
Ordnungswidrigkeit vorgehen
Die
Ordnungswidrigkeiten können nur von den zuständigen Behörden
verfolgt werden. Insoweit besteht nur die Möglichkeit, sich an die
entsprechende Behörde zu wenden, die dann grundsätzlich tätig werden
muss. Andernfalls bekommt die Behörde vermutlich keine Kenntnis von
dem Verstoß, weil es keine Verpflichtung, beispielsweise des
Notars gibt, Verstöße zu melden.

5. Maklercourtage kürzen oder
aussetzen
Auch wenn
es hier auf weitere Details der Sachlage ankommt, scheidet ein
solcher Anspruch wohl aus.
Wurde der Makler - wie meistens in der Praxis - vom Verkäufer
beauftragt und nur im Kaufvertrag eine Übernahme der Kosten durch
den Käufer geregelt, gibt es schon keine vertragliche Grundlage für
solche Ansprüche. Außerdem ist der Makler nur zur Weitergabe der
Daten verpflichtet, die er selbst vom Verkäufer erhält. Gibt ihm der
Verkäufer keinen Energieausweis, kann er diesen auch nicht vorlegen.
Nur wenn der Makler von sich aus Angaben zu der vermittelten
Immobilie macht, die sich im Nachhinein ggf. als falsch erweisen,
kommt überhaupt ein direkter Anspruch des Käufers gegen den Makler
in Betracht. Er muss sich grundsätzlich an den Verkäufer wenden.
Ist ausnahmsweise der Makler vom Käufer beauftragt, dürften sich
auch keine Ansprüche ergeben. Denn der Makler hat keine
Möglichkeiten, den Verkäufer zur Vorlage eines Energieausweises zu
zwingen.

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