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BGH-Urteil 07.06.2017

Neues Urteil des Bundesgerichtshofs: Keine grenzüberschreitende Dämmung für Neubauten

Redaktion: Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT, Freie Architektin
© Foto:  - Fotolia.com


Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 2. Juni 2017 (Aktenzeichen V ZR 196/16) entschieden, dass ein Grundstückseigentümer eine grenzüberschreitende Wärmedämmung eines benachbarten Neubaus, welcher nach den geltenden Vorschriften der Energieeinsparverordnung (EnEV) geplant und gebaut wird, nicht dulden muss.

-> Kommentar von RA Lutz Fischer, St. Augustin
-> Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH)
-> Fachbeitrag in "Der Bausachverständige"
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Rechtsanwalt Lutz Fischer, St. Augustin

Kommentar zum BGH-Urteil
Rechtsanwalt Lutz Fischer, St. Augustin

In der Sache geht es um die überaus praxisrelevante Frage, ob ein Grundstückseigentümer verpflichtet ist, die Wärmedämmung einer Grenzwand zu dulden, welche zwar den Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) entspricht, jedoch dabei die Grundstücksgrenze überschreitet.

Für Neubauten hat der BGH nunmehr eine solche Duldungspflicht verneint. In seiner Entscheidung hat er sich maßgeblich darauf gestützt, dass eine Duldungspflicht nach dem Berliner Nachbarrechtsgesetz (§ 16a Abs.1 NachbG Bln) für eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand, die erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt, nicht besteht.

Zwar haben neben Berlin (§ 16a Abs.1 NachbG Bln) auch weitere Bundesländer in die jeweiligen Landes-Nachbarrechtsgesetze Regelungen aufgenommen, die beim Bauen im Bestand den Überbau durch nachträgliche Wärmedämmung, also das Dämmen über die Grundstücksgrenze hinaus, unter gewissen Voraussetzungen (aber keineswegs entschädigungslos) gestatten, so z.B. Baden-Württemberg (§ 7 c Nachbarrechtsgesetz BW), Bayern (Art. 46a AGBGB Bayern), Brandenburg (§ 19a Brandenburgisches Nachbarrechtsgesetz), Bremen (§ 24a AGBGB Bremen), Hessen (§ 10a Hessisches Nachbarrechtsgesetz, Nordrhein-Westfalen (§ 23a Nachbarrechtsgesetz NW) und Niedersachsen (§ 21 a Niedersächsisches Nachbarrechtsgesetz). Diese Regelungen gelten allerdings nicht für Neubauten.

Die aktuelle BGH-Entscheidung betraf insoweit keinen Bestandsbau, der nachträglich energetisch saniert wurde, sondern einen Neubau. Für Neubauten verbleibt es damit bei dem Grundsatz, dass diese so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.

Hier eröffnet sich also ein Haftungsrisiko für den Planer, wenn er nicht berücksichtigt, dass sich die Wärmedämmung nach Ausführung innerhalb der eigenen Grundstücksgrenzen befinden muss. Denn bereits nach § 912 Abs.1 BGB scheidet eine Duldungspflicht des Nachbarn bei einem Überbau dann aus, wenn der Grundstückseigentümer, der über die Grenze baut, entweder vorsätzlich oder grob fahrlässig gehandelt hat. Wenn jemand also trotz Kenntnis der in der Energieeinsparverordnung (EnEV) geltenden Wärmeschutzanforderungen ein ungedämmtes Haus unmittelbar an die Grenze zum Nachbargrundstück baut, dürfte hier zumindest eine grobe Fahrlässigkeit der Planers anzunehmen sein, die dann ggf. dem Bauherrn zuzurechnen ist.

Offen gelassen hat der BGH die Frage, ob die landesrechtlich geregelte Duldungspflicht bei einem Überbau durch Wärmedämmung überhaupt verfassungsgemäß ist. Denn eigentlich gilt der Grundsatz, dass das Bundesrecht (beispielsweise § 912 ff. BGB) dem Landesrecht vorgeht.

Praxisrelevant sind Fälle des Überbaus durch Wärmedämmung jedenfalls, insbesondere beim Bauen im Bestand. So kann ich aus meiner Praxis über einen Fall berichten, bei dem die Ausführung der Wärmedämmung (inkl. Putzschicht) an einer Grenzwand dazu führte, dass deutlich über die Grenze hinaus gebaut wurde, mit der Folge, dass der vom Überbau betroffene Nachbar seine Einfahrt nicht mehr richtig nutzen konnte, weil ihm schlichtweg die hinreichende Breite fehlte, um mit seinem Transporter die auch vorher bereits recht schmale Einfahrt noch zu befahren. Hier konnte ein Rückbau der Wärmedämmung bereits im Rahmen von außergerichtlichen Verhandlungen erreicht werden. Insofern empfiehlt sich stets, bereits vor Ausführung der Wärmedämmung die Frage zu klären, ob diese die Grundstücksgrenze überschreiten wird und, falls dies der Fall sein sollte, entsprechende Vereinbarungen über eine Duldung mit dem Nachbarn auszuhandeln.

Für Neubauten bringt die BGH-Entscheidung auch schon nach Verlautbarung durch die Pressemitteilung eine klare Aussage. Vor einer weiteren Bewertung bleibt aber die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe abzuwarten.

Autor: Rechtsanwalt Lutz D. Fischer,
www.fischer.legal, St. Augustin

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Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 2. Juni 2017- V ZR 196/16

Keine grenzüberschreitende Wärmedämmung für Neubauten - Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2. Juni 2017- V ZR 196/16

Der Bundesgerichtshof hat am Freitag, den 2 Juni 2017 entschieden, dass ein Grundstückseigentümer nicht nach § 16a Abs. 1 NachbG Bln*) eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand dulden muss, mit der der benachbarte Grundstückseigentümer erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt. Die Frage, ob die Vorschrift des § 16a NachbG Bln verfassungsgemäß ist, ist offen geblieben.

Sachverhalt:

Die Mitglieder der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft und der Beklagte sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Berlin. Das Grundstück des Beklagten ist mit einem Reihenendhaus bebaut, das an der Grenze zum Grundstück der Wohnungseigentümer steht. An dieses Gebäude hatte ein Bauträger 2004/2005 das heute den Wohnungseigentümern gehörende Mehrfamilienhaus angebaut. Die Giebelwände der Gebäude decken sich nicht vollständig, vielmehr steht diejenige des Mehrfamilienhauses entlang der Grundstücksgrenze 1,61 m vor. In diesem Bereich der Giebelwand brachte der Bauträger im August 2005 Dämmmaterial an, das 7 cm in das Grundstück des Beklagten hineinragt und unverputzt und nicht gestrichen ist. Nun wollen die Wohnungseigentümer Putz und Anstrich mit einer Stärke von maximal 0,5 cm anbringen. Die Klägerin nimmt, u.a. gestützt auf § 16a Abs. 1 und 3 Berliner Nachbarrechtsgesetz (NachbG Bln), den Beklagten auf Duldung dieser Maßnahmen in Anspruch.

Bisheriger Prozessverlauf:

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der unter anderem für das Nachbarrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen.

Die Duldungspflicht nach § 16a Abs. 1 NachbG Bln gilt nicht für eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand, mit der der benachbarte Grundstückseigentümer erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt. Diese Einschränkung ergibt sich aus der gebotenen Auslegung der Vorschrift nach deren Sinn und Zweck. Der Landesgesetzgeber wollte Grundstückseigentümern nicht generell gestatten, eine Wärmedämmung grenzüberschreitend, also im Wege des Überbaus, anzubringen. Er verfolgte vielmehr das Ziel, energetische Sanierungen von Altbauten zu erleichtern. Diese wurden bei Gebäuden, die auf der Grundstücksgrenze stehen, häufig dadurch erschwert, dass der Nachbar die notwendige Zustimmung zu dem durch die Verkleidung der Grenzwand mit einem Wärmeverbundsystem entstehenden Überbau verweigerte oder von unverhältnismäßigen finanziellen Forderungen abhängig machte. Dem sollte durch die Einführung einer Duldungspflicht begegnet werden. Anders als für den Altbaubestand hat der Landesgesetzgeber für die Wärmedämmung von Neubauten kein Regelungsbedürfnis in § 16a NachbG Bln gesehen. Er hat im Gegenteil ausgeführt, dass die Duldungsverpflichtung nur bei Bestandsbauten und nicht bei Neubauten gelte, weil den Wärmeschutzanforderungen durch eine entsprechende Planung Rechnung getragen werden könne. Für Neubauten bleibt es somit bei dem Grundsatz, dass sie so zu planen sind, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.

Das hat der Bauträger bei Errichtung des Gebäudes 2004/2005 nicht beachtet. Er hat trotz der in der Energieeinsparverordnung (EnEV) 2001 vom 16. November 2001 (BGBl. I. 3085) geltenden Wärmeschutzanforderungen das ungedämmte Mehrfamilienhaus unmittelbar an die Grenze zum Grundstück des Beklagten gebaut. In dieser Situation gilt die Duldungspflicht des Nachbarn nach § 16a Abs. 1 NachbG Bln nicht.

Vorinstanzen:

  • AG Köpenick - Urteil vom 17. Januar 2014 - 12 C 94/13

  • LG Berlin - Urteil vom 6. Juli 2016 - 85 S 68/14
     

Nachbarrechtsgesetz (NachbG) Berlin (Bln)
§ 16a Wärmeschutzüberbau der Grenzwand

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks hat die Überbauung seines Grundstücks für Zwecke der Wärmedämmung zu dulden, wenn das zu dämmende Gebäude auf dem Nachbargrundstück bereits besteht.

[…]

(3) Der Begünstigte des Wärmeschutzüberbaus muss die Wärmedämmung in einem ordnungsgemäßen und funktionsgerechten Zustand erhalten. Er ist zur baulichen Unterhaltung der wärmegedämmten Grenzwand verpflichtet.

Quelle: Presseinfo des Bundesgerichtshofs vom 2. Juni 2017

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Außenwände im Grenzfall dämmen

Beitrag in der Fachzeitschrift "Der Bausachverständige" - Ausgabe 4 / 2011.

Wer einen Altbau energetisch saniert und über ein Zehntel der Außenwandfläche dämmt, muss die Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) beachten. Sie bestimmt, wie gut die Außenwand mindestens gedämmt sein muss. Wenn das Haus an der Grundstücksgrenze steht, würde eine zusätzliche Außendämmung zum Nachbarn oder über die Straße ragen. Wie sieht die Rechtslage in diesem Fall aus? Müsste der Nachbar erst zustimmen? Der Beitrag beschreibt die Problematik und Lösung für einen Altbau in Nordrhein-Westfalen und erläutert die Rechtslage auch für Berlin und Hessen.
Außenwände im Grenzfall nach EnEV dämmen (pdf)
 

Redaktion: Melita Tuschinski, Dipl.-Ing./UT, Freie Architektin
in Stuttgart, Herausgeberin und Redakteurin EnEV-online.de

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